Auf dem Fischereitag in Hamburg drehte sich drei Tage alles um die Zukunft der Branche. Wie Fischer, Wissenschaft und Politik die Lage einschätzen.

Das Thema Transformation treibt die gesamte Fischereiszene um, auf der Agenda des Fischereitages stand es deshalb ganz oben. Wie sieht die Zukunft für die Betriebe an Ost- und Nordsee aus? Woher soll das Geld für die Neuausrichtung kommen, in Zeiten, in denen längst alle Reserven aufgebraucht sind?

„Ich wünsche mir, dass auch künftig junge Menschen im Fischereiberuf eine Zukunft sehen. Es kann nicht sein, dass die Kutter nur rausfahren, damit die Gäste etwas Schönes zu gucken haben,“ sagte Hilke Looden. Sie ist Bürgermeisterin in Greetsiel, einem der größten Kutterhäfen an der Nordseeküste. Zusammen mit anderen Küstenkommunen, Landräten und Kammern macht sie sich stark für eine neue Fischereipolitik. Zentrale Forderungen: ein verbrieftes Fischereirecht und der Aufbau eines Fonds, aus dem die notwendige Transformation finanziert werden soll. Allergrößte Sorgen machen der Branche sinkende Bestände, der Verlust von Fanggebieten und die alte Kutterflotte.  

Ostseefischer suchen nach neuen Aufgaben

Die Fischerei ist flexibel – das zeigten auf dem Fischereitag zwei Ostseefischer, die sich mangels Fangmöglichkeiten neu orientiert haben. Gustav Martitz von der Insel Hiddensee etwa. Er hat sich weitergebildet zum „Sea-Ranger“. Was der Förster für den Wald ist, sollen die Sea-Ranger künftig für die rund 1.700 Kilometer Ostsee-Küstenlinie werden. Konkret heißt das: Fischbestände beobachten, den Lebensraum pflegen, Touristen über die Fischerei informieren, aber auch Kutter und Häfen erhalten. Peter Dietze aus Niendorf geht einen anderen Weg. Statt mit Dorsch verdient er sein Geld heute mit Gästefahrten, Probensammeln für die Wissenschaft, Seebestattungen und dem wenigen Fisch, der noch in seinen Netzen landet. Dies können Lösungen für einige Fischer sein. Klar wurde aber: die große Mehrheit der Fischer möchte die Fischerei als Haupttätigkeit erhalten.

Passive Fischerei in Windparks?

Ein großes Thema auf dem Fischereitag waren auch die Offshore-Windparks. Durch den massiven Ausbau gehen für die Fischer immer mehr Fangplätze verloren. Die grundberührende Fischerei ist in den Parks tabu, zu hoch wäre das Risiko. Aber das Fischen mit Fangkörben und Reusen oder auch Aquakultur mit Algen oder Muscheln könnte möglich sein, da waren sich Industrie und Wissenschaft einig. Welche Arten entwickeln sich gut? Wie können Fanggeräte aussehen? Und was passiert, wenn sich etwa ein Netz an einem Windrad-Fundament verheddert? Viele Fragen sind offen, auf dem Fischereitag signalisierten jedoch alle Seiten Gesprächsbereitschaft.

Ziel: eine kleinere, aber junge und umweltfreundliche Flotte

Die Fischerei wird sich verändern, da waren sich die etwa 200 Teilnehmer des Branchentreffens sicher. Fischer werden neben dem klassischen Fang auch mit anderen Aufgaben wie Gästefahrten ihr Geld verdienen müssen. Die Zahl der Kutter wird vermutlich sinken, weil der Platz knapp wird und der Kostendruck steigt. Aber die verbliebene Flotte muss erneuert und modernisiert werden. Viele Kutter sind 40 Jahre und älter. Auch die Fischer wollen umweltfreundlich arbeiten und klimaneutral fahren. Dafür muss trotz gemeinsamer europäischer Fischereipolitik eine Förderung her, denn Investitionen in Millionenhöhe kann die Branche nicht stemmen.

Zukunftskommission will Impulse setzen für eine nachhaltige Fischerei

Hoffnungen liegen auf der Zukunftskommission Fischerei. Sie hat den Auftrag erhalten, Maßnahmen für eine nachhaltige, zukunftsfähige Meeresfischerei in Nord- und Ostsee zu entwickeln. Diskutiert wird auch darüber, wie die rund 134 Millionen Euro aus dem Windenergie-auf-See-Gesetz verwendet werden. Auf der Habenseite steht bei den Fischern: Ihr Handwerk gehört zum Kulturgut, es fördert den Tourismus und Fisch ist ein gesundes Lebensmittel. Und dass Fischer bereit und fähig sind, sich zu verändern, das haben sie in der Geschichte schon mehrmals gezeigt. Was die Fischerei jetzt aber dringend braucht, sind konkrete Maßnahmen, um sich weiterentwickeln zu können.

 

Hintergrund zur Situation an Nord- und Ostsee

An der Ostsee sind Dorsch und Hering in miserablem Zustand. Die Fischerei auf die einstigen Brotfische existiert quasi nicht mehr. Den Nordseefischern machen hingegen die Verluste ihrer Fanggebiete die größten Kopfschmerzen. Neue Windparks entstehen und EU-Pläne für ein pauschales Verbot der Schleppnetzfischerei haben unter den Fischern für große Unruhe gesorgt. Dazu kommen gemeinsame Probleme an Nord- und Ostsee: eine alte Flotte, kaum Nachwuchs und hohe Energiekosten.

 

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