
Es wird eng auf den Meeren, denn das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie hat im Flächenentwicklungsplan gerade neue Flächen für Windparks auf See festgelegt. Für die Fischerei bringt der Ausbau massive Einschränkungen ihrer Fangmöglichkeiten.
Der neue Plan des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) regelt den Ausbau der Offshore-Windenergie in Nord- und Ostsee bis 2034. Neue Flächen für Windturbinen sind festgelegt und es wird bestimmt, wann welche Windparks ans Netz gehen sollen. Auch für die Krabbenfischerei bringt der neue Plan massive Einschnitte. Grundsätzlich sind die Kutter in Küstennähe unterwegs – also weit weg von den Windparks, die weit draußen auf den Meeren stehen. Aber: In den kommenden Jahren wird die Nordsee zur Dauerbaustelle. 28 Kabelsysteme sollen gebaut werden, um den Strom zum Festland zu bringen. Diese Kabel verlaufen quer durch die Fangstriche der Krabbenfischer. Sie können dann in ihren traditionellen Fanggebieten nicht mehr arbeiten – vermutlich auf Jahre. Dabei sind die Fischer dringend auf existenzsichernde Umsätze angewiesen: Nach schwierigen Jahren sind die Rücklagen der Familienbetriebe aufgebraucht. Es gilt nun, ein ausgewogenes Miteinander zu entwickeln.
Forschungsprojekte für das Fischen in Windparks laufen jetzt an
Besonders ärgerlich ist, dass der Flächenentwicklungsplan das Fischen im Windpark derzeit weiterhin ausschließt. Dabei könnte das Fischen anderer Arten in Windparks eine Alternative sein für die Krabbenfischer, deren Fänge in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgingen. In Großbritannien und Dänemark darf zwischen den Windturbinen sogar teilweise mit Schleppnetzen gefischt werden. In deutschen Gebieten dürfen die Kutter die Windparks nicht einmal durchqueren. Erste Studien zum Fischen in Windparks gibt es. Dr. Vanessa Stelzenmüller vom Thünen-Institut für Seefischerei, untersucht die marine Raumplanung. Sie sagt: „Wir forschen weiter zur ökonomischen und ökologischen Tragfähigkeit einer passiven Fischerei in den Parks.“ Geplant seien Projekte zu Kabeljau, zu Taschenkrebsen und zu Hummer. „Wir müssen jetzt klären, ob die Produktivität in den Windparks und damit der fischereiliche Ertrag tatsächlich höher ist als außerhalb“, sagt die Forscherin, und: „Grundsätzlich befürworten wir Co-Nutzungslösungen. Da müssen wir weiterkommen, aber in behutsamen Schritten. An erster Stelle steht die Sicherheit.“
Fischer müssen immer mehr Hindernissen ausweichen
Für die Fischer bringt der Ausbau der Offshore-Industrie jede Menge weiterer Veränderungen mit sich – und vieles ist derzeit noch gar nicht absehbar. Es wird punktuell mehr Flächen geben, wo auch die Krabbenfischer ihre Netze nicht auswerfen können. Zwar ist geplant, Kabel so tief zu verbuddeln, dass die Fischer ihre Netze ungehindert über den Meeresboden ziehen können. Aber da, wo sich Kabel kreuzen, werden Steine aufgeschüttet, um die Bauwerke unter Wasser zu sichern. Die Anzahl solcher Kabelkreuzungen steigt, denn neben den Anbindungen der Windparks werden immer mehr Leitungen verlegt, die die Stromnetze zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern verknüpfen. Geplant sind außerdem Wasserstoffpipelines. An solchen Kreuzungen darf nicht gefischt werden, denn im schlimmsten Fall verhaken sich die Netze an den Steinschüttungen am Meeresboden.
Umweltauswirkungen durch Offshore-Windparks
Ein weiteres großes Thema für die Fischerei ist eine mögliche Erwärmung der Nordsee. Weil die Kabel im Meeresboden heiß werden, erwärmen sich auch die Sedimente drumherum – ähnlich wie bei einer Fußbodenheizung. Festgelegt ist, dass sich die Temperatur des Meeresbodens rund um die Kabel um maximal zwei Grad (Kelvin) erhöhen darf. Bisher fehlt jedoch ein aussagekräftiges Monitoring. Der Landesfischereiverband Weser-Ems fordert deshalb: „Generell muss ein Wärmemonitoring während des Betriebes der Offshore-Windparks sowohl der parkintern verlegten Kabel als auch der Kabeltrassen durchs Küstenmeer angeordnet werden. Die bisher theoretischen Berechnungen müssen dringend mit gemessenen Daten unterlegt werden.“ Bauchschmerzen machen den Fischern auch die elektromagnetischen Felder, die durch die Seekabel entstehen. Das BSH argumentiert, dass die Stärke dieser Felder unterhalb des Erdmagnetfelds liegt und „erhebliche Auswirkungen“ deshalb ausgeschlossen seien. Viele Fische und Krebse orientieren sich jedoch anhand des natürlichen Erdmagnetfelds. Dass die Magnetfelder der Seekabel keine Auswirkungen auf sensible Meerestiere haben, bezweifeln die Fischer.
Küstenfischerei erhalten
Grundsätzlich unterstützen die Fischer den Ausbau der regenerativen Energien. Sie wollen aber auch weiter ihrem Handwerk nachgehen können. Ihre Forderungen lauten: die Meeresumwelt so weit wie möglich schützen, eine Öffnung der Windparks für die Fischerei und langfristige Perspektiven für ihre Branche.