Krabben schmecken nach Meer und Urlaub – und sie dürfen mit gutem Gewissen auf den Tisch. Denn 2017 hat der MSC (Marine Stewardship Council) den Fischern sein Zertifikat für umweltfreundliches Fischen verliehen. Im Zwischenbericht des MSC bescheinigen die Wissenschaftler den Fischern nun weitere Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit.
Als großen Erfolg wertet Meeresbiologin Dr. Gudrun Gaudian den gemeinsamen Managementplan. Der Plan gibt den Takt vor für die rund 430 Familienbetriebe aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden.
Frau Gaudian, Sie haben gerade zusammen mit zwei anderen Wissenschaftlern untersucht, ob die Krabbenfischerei weiterhin das Siegel des MSC tragen darf. Butter bei die Fische: Können die Leute weiter guten Gewissens ihr Krabbenbrötchen essen?
Ja, das können sie. Die Krabbenfischer sind beim Thema Nachhaltigkeit ein gutes Stück vorangekommen. Das zeigt der Zwischenbericht eindeutig.
Bei welchen Themen gibt es konkrete Fortschritte?
Ganz wichtig sind mir zwei Punkte: Zum einen ist die Krabbenfischerei in einem engen Kontakt mit den NGOs, um sich zum Thema Umweltschutz auszutauschen und abzustimmen. Das finden wir natürlich sehr gut. Zum anderen ist die Fischerei dabei, die Methoden zur Dokumentation des Beifangs für alle drei Nationen anzugleichen. Jede Nation hat bisher eigene Instrumente um den Beifang zu protokollieren, aber die Daten sind schwer vergleichbar. Jetzt versucht sich die Krabbenfischerei an einem gemeinsamen Ansatz. Umweltverbände, Fischer, die Fischereiverwaltung und Wissenschaftler aus drei Nationen stimmen sich dafür ab. Jeder Akteur hat andere Wünsche, das ist sehr kompliziert. Ziel ist es, eine Methode aufzusetzen, die gute Ergebnisse liefert, aber auch praktisch ist. Denn die Fischer müssen das an Bord auch leisten können, da muss alles total schnell und sicher gehen.
Heute wird mit größeren Netzmaschen gefischt als früher. Welche Erfahrungen machen Sie damit?
Richtig, die Krabbenfischerei hat sich auf die Vergrößerung der Maschen geeinigt, um weniger kleine Tiere zu fangen. Das wird sukzessive gemacht, denn neue Netze kosten viel Geld. Außerdem wird geprüft, wie zum Beispiel Fluchtklappen für größere Fische noch verbessert werden können. Wichtig ist, noch mehr über den Beifang zu erfahren. Welche Arten von Beifang gehen ins Netz? In welchen Gebieten? Und wann, zu welchen Jahreszeiten? Rund um Flussmündungen landen zum Beispiel bestimmte Fische in den Netzen, die ein paar Kilometer weiter nie auftauchen. Die Dokumentation bedeutet für die Fischer viel extra Arbeit. Aber nur mit diesen Daten können wir die Fischerei noch umweltverträglicher gestalten. Deshalb ist es so wichtig, dass die Fischer mitziehen.
Mit dem MSC-Standard ist ein Managementplan für die Krabbenfischerei entstanden. Wie bewerten Sie das Instrument?
Der Managementplan ist wirklich ein Riesenschritt. Vorher gab es nur ganz allgemeine Regeln zum Beispiel zum Fanggerät. Mit dem MSC-Standard haben sich zum ersten Mal die Akteure aus der Fischerei zusammengesetzt, um die Nachhaltigkeit voranzubringen. Der Plan enthält detaillierte Regeln – zum Beispiel zur Verkürzung der Fangzeiten, wenn der Bestand schrumpft. Das Bestreben nach mehr Nachhaltigkeit behalten die Akteure wirklich großartig im Auge.
Immer wieder Thema ist, dass die Fischer ihre Netze auch im geschützten Wattenmeer auswerfen. Warum hält der MSC Fischerei im Nationalpark für vertretbar?
Grundsätzlich entscheidet die Regierung darüber, wo gefischt werden darf. Das ist nicht Sache des MSC. Wir nehmen die gesetzlichen Regeln als gegeben und kontrollieren, ob sich die Fischer an die Regeln halten. Im Nationalpark Wattenmeer gibt es Gebiete, in denen nicht gefischt werden darf, und daran halten sich die Fischer.
Sie haben sich quer über den Erdball mit vielen Meeresbewohnern beschäftigt. Was ist denn im Vergleich zu anderen Arten das Besondere an der Krabbe?
Ich bin seit über 40 Jahren weltweit als Meeresbiologin unterwegs. Meine Erfahrung ist: jedes Ökosystem ist ganz besonders. Die Krabbe ist ein Teil des faszinierenden Wattenmeers und sie ist genauso wichtig wie alle anderen Teile auch. Mein Ansatz ist es, unsere Ökosysteme als Ganzes zu schützen, und dazu gehört jede einzelne noch so unbedeutend erscheinende Art.
Durch die Corona-Krise geht es vielen Menschen wirtschaftlich schlechter. Gleichzeitig gibt es die These, dass die Epidemie Verbraucher zu mehr Nachhaltigkeit anregt. Glauben Sie, dass die Krise eine Chance in Sachen Umweltschutz liefert?
Ganz gleich ob in der Fischerei oder in der Landwirtschaft: Mehr Umweltschutz ist immer mit höheren Preisen verbunden. Und die Frage ist, ob Verbraucher bereit sind, mehr Geld auszugeben. Die Menschen müssen endlich verstehen, welchen Einfluss ihr Konsum hat – die Ernährung, der Energieverbrauch, die Mobilität. Als Individuum können wir nicht an den großen Stellschrauben drehen, aber wir können das System beeinflussen. Und diese Chance müssen die Menschen nutzen.
Den gesamten Bericht zur jährlichen Kontrolle des Zertifikats können Sie online nachlesen.