Im Juni haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Nordseeländern getroffen, um Daten zur Krabbenfischerei zusammenzutragen. Diskutiert wurde auch eine Studie, die zeigt wie warme Winter die Entwicklung der Krabben beeinträchtigen.
Drei Tage hat die Krabben-Arbeitsgruppe WGCRAN des Internationalen Rats für Meeresforschung in Bremerhaven getagt. 16 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter anderem aus Belgien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland, kamen zusammen. Bei dem Treffen wurden internationale Fangdaten zur Krabbenfischerei zusammengetragen, aber auch aktuelle Projekte vorgestellt – zum Teil mit überraschenden Ergebnissen. Dr. Reinhard Saborowski vom Alfred-Wegener-Institut und Dr. Kim Hünerlage vom Thünen-Institut für Seefischerei haben zum Beispiel den Einfluss der steigenden Temperaturen in der Nordsee auf die Eientwicklung der Krabben untersucht. Bisher gingen Forschung und Fischerei davon aus, dass steigende Wassertemperaturen den Krabben nichts anhaben können, schließlich sind die Tiere Temperaturschwankungen durch den ständigen Wechsel der Gezeiten gewohnt. Für die ausgewachsenen Garnelen stimmt das. Aber dennoch hat die Erwärmung des Nordseewassers einen großen Einfluss – nämlich auf die frühen Entwicklungszyklen der Krabben.
In warmen Wintern schlüpfen Larven zu früh
Dr. Reinhard Saborowski und Dr. Kim Hünerlage haben bei ihren Untersuchungen dargestellt, dass sich die Eier der Krabbenweibchen in kalten Wintern sehr langsam entwickeln: „Kälte bremst die Entwicklung so stark, dass es quasi egal ist, ob ein Ei im November oder Dezember gelegt wurde. Die Larven schlüpfen alle zu einem ähnlichen Zeitpunkt im Frühjahr sobald die Temperaturen wieder steigen. Wir sehen also eine synchrone Entwicklung. Ist die Wassertemperatur hingegen höher, wachsen die Eier schneller – und schlüpfen schon im Januar oder Februar.“ Und das ist ein Problem, denn die Larven haben Hunger. Sie brauchen Nahrung, das Phytoplankton kann sich aber erst bei ausreichend Sonnenlicht vermehren. Wenn also die Krabbenlarven im lichtarmen Januar oder Februar schlüpfen, finden sie kaum etwas zu fressen. Die Nahrungskette der Nordsee funktioniert nicht mehr.
Einfluss von Räubern geringer als vermutet
Die Forschenden haben ihre Ergebnisse unter anderem mit den Ereignissen von 1990 verglichen. Damals blieben die Netze der Krabbenfischer weitgehend leer. Es hieß die große Zahl von Wittlingen sei schuld. Eine andere Studie zeigte jedoch, dass die Larven nach dem außergewöhnlich warmen Winter 1989/90 auch sehr schlecht ernährt waren. Dr. Kim Hünerlage vermutet: „Der Krabbennachwuchs übersteht warme Winter schlechter, es überleben weniger Larven.“ Dass nach einem warmen Winter ein ganzer Jahrgang ausfällt, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Denn es gibt zwar Zeiten, in denen nur wenige Muttertiere Eier produzieren – betrachtet man aber die Gesamtzahl der Muttertiere wird permanent gelaicht: „Die genauen Zusammenhänge müssen weiter untersucht werden. Klar ist aber: Ökosysteme sind komplex und oft spielen viele Faktoren zusammen. Die Geschichte des Wittlings, der 1990 alleine dafür verantwortlich gewesen sein soll, dass die Fischer kaum Krabben fangen konnten, muss vielleicht irgendwann neu geschrieben werden.“