Wie lässt sich der Krabbenbestand am sinnvollsten bewirtschaften, so dass Fischer gute Fänge machen, aber auch künftig genügend Nachwuchs da ist? Diese Frage beschäftigt die Fischer seit Jahrhunderten. Viele neue Hinweise liefert die Wissenschaft. Zentrale Befunde: weniger fischen und größere Maschen.

Wenn Merten Saathoff von der Universität Hamburg den Krabbenfischern einen Tipp geben sollte, damit mehr in ihren Netzen landet, wäre es, weniger zu fischen. Klingt paradox – ist es aber bei genauer Betrachtung nicht. Der Fischereibiologe und seine Kollegen haben bei einem groß angelegten Forschungsprojekt herausgefunden, dass sich der Aufwand der Fischer zwischen 2009 und 2018 um 12 Prozent erhöht hat. Gleichzeitig sind die Krabbenkutter aber mit geringeren Fängen in die Häfen gekommen. Mehr Fischereiaufwand führt also nicht zwangsläufig zu einer größeren Ausbeute.

Im Sommer den Nachwuchs schützen

Die Wissenschaft sagt: Das Management sollte sich verändern – am besten gezielt nach Region und Jahreszeit. Die Analysen haben ergeben, dass im Sommer besonders die kleinen und damit nicht vermarktungsfähigen Krabben geschont werden sollen: „Durch das Schonen der untermaßigen Garnelen im Sommer, ermöglicht man ihnen auf die kommerzielle Größe im Herbst heranzuwachsen, und dann für einen größeren Gewinn bei den Fischern zu sorgen“, erklärt Merten Saathoff. Seine Empfehlung ist die Vergrößerung der Maschenweiten von 24 auf 26 Millimeter. So können besonders die kleinen Tiere hindurchschlüpfen. Eine Alternative seien Anpassungen bei der Arbeitsweise an Bord der Kutter. Bisher ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass die kleinen Tiere die Fangprozedur gut überstehen, von den Fischern ins Meer zurückgeworfen werden und sich dort weiter entwickeln können. Diese Annahme lässt sich – zumindest für die Sommermonate – jedoch nicht uneingeschränkt halten: „Wir haben festgestellt, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit stark variiert. Im Sommer setzen die hohen Temperaturen an Deck und an der Meeresoberfläche den Krabben zu.“ Der Wissenschaftler empfiehlt deshalb die Netze gerade im Sommer kürzer im Wasser zu lassen. Je schonender die Fangprozedur und je schneller die Krabben wieder in die Nordsee zurückkommen – desto höher ist die Chance weiterwachsen zu können. Welche weiteren Faktoren Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit haben, wird künftig weiter untersucht.

Wissenschaftler erforschen Zusammenhänge zwischen Sommer- und Winterfischerei

Einen großen Hebel bietet auch die Anpassung bei der Winterfischerei. Dann gilt es besonders die großen eiertragenden Garnelen zu schützen. Denn der Nachwuchs, den die Weibchen produzieren und bis zum Schlupf bei sich tragen, kann dann im folgenden Herbst in die Netze gehen. Dazu kommt: Gerade die Tiere, die aus den Wintereiern schlüpfen, können sich optimal entwickeln und zeigen hohe Wachstumsraten. Sie sind also besonders wichtig für einen großen Bestand im folgenden Herbst. Interessant ist dabei auch die regionale Komponente. Die Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass einzelne Gebiete besonders wichtig als Kinderstube der Krabben sind. Von diesen Gebieten verteilt sich der Nachwuchs auf die gesamte niederländische, dänische und deutsche Küste. Bisher gibt es Anzeichen dafür, dass die Winterfischerei vor der niederländischen Küste einen negativen Einfluss auf die schleswig-holsteinischen Gebiete im folgenden Sommer hat. Diese Zusammenhänge sind aber noch zu wenig untersucht. In einem neuen Forschungsprojekt wollen die Wissenschaftler dazu mehr herausfinden: „Larven sind in ihren frühen Stadien den Meeresströmungen gänzlich ausgeliefert. Es ist also wichtig herauszufinden, inwieweit ihre Verdriftung den Standort ihres späteren Heranwachsens bestimmt. Dann können wir konkretere Empfehlungen geben, welche Gebiete im Winter geschont werden sollen, damit alle Fischer gleichermaßen Chancen auf gute Fänge haben“, erklärt Merten Saathoff.

Und wie geht’s weiter? Die Erkenntnisse der Forscher sollen natürlich in die Fischerei übersetzt werden. Seitdem die Fischer das Nachhaltigkeitssiegel des Marine Stewardship Council tragen, managen sie die Fischerei gemeinsam, nachdem es jahrzehntelang kaum Spielregeln gegeben hatte. Merten Saathoff sagt: „Dieser Ansatz ist ein Riesenfortschritt und eine gute Basis für Anpassungen der gemeinsamen Strategie.“

 Der komplette Projektbericht ist unter folgenden Link zu finden: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn065676.pdf

 

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