Das Wattenmeer feiert Geburtstag - sechs Jahre UNESCO-Weltnaturerbe

Das Wattenmeer hat viele Bewohner. Der Mensch ist hier nur zu Gast. Peter Südbeck hat einen anspruchsvollen Job, denn er vermittelt zwischen den zurückgezogen lebenden Bewohnern und den anspruchsvollen Gästen. Formell ist er der Chef der Nationalparkverwaltung des Niedersächsischen Wattenmeeres und damit Herr über rund 345.000 Hektar Land und Meer. Wer mit ihm spricht, der merkt, dass er mehr Gestalter als Verwalter ist. Das muss er auch, denn die Ansprüche der 1 Million Menschen, die rund um den Nationalpark leben und arbeiten, sind vielfältig. Dazu kommen rund 3 Millionen Besucher pro Jahr, die eine möglichst intakte und unberührte Natur genießen wollen. Ein Spagat, der viel Engagement und Fingerspitzengefühl braucht. Denn eine gesunde Natur ist Basis für ein funktionierendes Schutzgebiet wie für einen funktionierenden Tourismus, aber gleichzeitig gibt es Nutzer, die seit Jahrhunderten von dieser Natur leben.

Die Krabbenfischer sind beispielsweise solche Nutzer, seit Generationen fahren sie in ihren Kuttern raus, um Krabben aus den Prielen im Watt oder der flachen Nordsee nördlich der Ostfriesischen Inseln zu fischen. Peter Südbeck sieht diesen potenziellen Interessenskonflikt dabei pragmatisch: “Es gibt die Fischerei seit langer Zeit, wir müssen heute dafür sorgen, dass auch die Schutzziele des Nationaparks gut berücksichtigt werden. Und ein ökologisch intaktes Wattenmeer ist auch die Voraussetzung für die Fischerei. Daher müssen wir Lösungen im Sinne des Naturschutzes und der Fischerei finden. Das führt teilweise zu einem lebhaften Diskurs. Aber klar ist, dass beide Seiten Interesse an einem gemeinsamen Weg haben. Den gehen wir auch, indem wir wissenschaftliche Erkenntnisse zur Grundlage unseres Handelns machen. Die Krabbenfischer sind hier durchaus kooperativ und aufgeschlossen.”

 

Südbeck sieht auch die positiven Effekte der Krabbenfischer, denn sie sind ein Magnet für den Tourismus, der wiederum wichtig für die gesamte Region ist. “Die typischen Kutter sind ein Markenzeichen unserer Küste, deshalb bin ich kein Unterstützer einer Politik, die diese Wahrzeichen aus den Häfen verdrängen will.” Also versucht Südbeck auch hier zwischen den Fischern, anderen Behörden, der Tourismusbranche und den Kommunen Kooperationen aufzubauen. Dabei wird mit Anbietern regionaler Produkte und den Nationalparkpartnerbetrieben aus Gastronomie und Beherbung ein neues Netzwerk aufgebaut, welches den Gedanken der Nachhaltigkeit und des Schutzes des Weltnaturerbes Wattenmeer besonders betont. Aktuell baut sein Team ein Rangersystem auf, zehn neue Mitarbeiter werden eingestellt, um dieses einzigartige Meer zu schützen. Nicht zuletzt vor den vielen Touristen, die manchmal gar nicht wissen, auf welch besonderem Boden sie da stehen. Auch so ein Spagat.

 

Hintergrund:

Das niedersächsische Wattenmeer hat eine steile Karriere gemacht: Seit 1986 ist das Gebiet vor der Nordseeküste als Nationalpark geschützt. Es ist der zweitgrößte in Deutschland. 1993 dann der Aufstieg zum UNESCO-Biosphärenreservat – ein Gebiet, das in seiner natürlichen und kulturellen Ausprägung weltweit einzigartig ist und als Modellregion für die nachhaltige Entwicklung dient. 2009 dann der Ritterschlag zusammen mit dem schleswig-holsteinischen und niederländischen Wattenmeer zum UNESCO-Weltnaturerbe. Neben dem Wattenmeer gibt es bisher nur zwei weitere Weltnaturerbestätten in Deutschland, die Grube Messel und die Alten Buchenwälder Deutschlands. Voraussetzung für diese Auszeichnung ist, dass das Gebiet durch nationales Recht wirkungsvoll geschützt ist. Ohne den Nationalpark gäbe es also kein Weltnaturerbe Wattenmeer.

 

Das Wattenmeer bildet die weltweit größte zusammenhängende Fläche von Schlick-, Misch- und Sandwatt. Die natürlichen dynamischen Prozesse können hier weitgehend ungestört ablaufen. Es ist von unterschiedlichsten Landschaftstypen geprägt (Übergangszonen zwischen Land, Meer und Süßwasser) und reich an Arten, welche speziell an die extremen Umweltbedingungen des Wattenmeeres angepasst sind. Es ist eines der wichtigsten Gebiete für Zugvögel und mit einer Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten unverzichtbar für den Erhalt der weltweiten Artenvielfalt.

 

Das gesamte Wattenmeer liegt in drei Ländern: Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Mit der Ernennung zum Weltnaturerbe verpflichten sich die drei Staaten den ‚Außergewöhnlichen Universellen Wert‘ des Wattenmeeres zum Wohle zukünftiger Generationen zu erhalten.

 

Mehr Infos hier: www.nationalpark-wattenmeer.de

 

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