Die Krabbe auf Landgang – Siebstellenleiter Heiko Jonas bringt den Fang auf Tour

Vor acht Jahren wusste Heiko Jonas nicht einmal, dass es Krabben gibt. Heute leitet er die Siebstelle der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer (EzDK) in Büsum. Der gebürtige Rüganer zog aus familiären Gründen nach Büsum und begann bei der Heiploeg Gruppe als Kraftfahrer. Der Job brachte ihn zur Krabbe: „Erst dann bin ich auf die Tiere aufmerksam geworden“. Das war 2008, als die Siebstellen noch fest in den Händen der Holländer waren. Seit 2010 ist er Chef der insgesamt 14 Mitarbeiter. Als die EzDK die Siebstellen in Büsum, Cuxhaven und Neuharlingersiel 2013 kaufte, übernahm sie alle Aufgaben und das gesamte Personal. Heiko Jonas und die Krabbe – eine noch junge Verbindung, die lebenslanges Potenzial hat. Die Arbeit ist alles andere als normal und deshalb sind auch alle Mitarbeiter besonders. „Das muss man sein, wenn man in dieser Branche arbeitet, denn die wahren Chefs heißen Wetter und Wasser“, sagt der 48-jährige. Tatsache ist, dass die Natur den Rhythmus der Tage bestimmt. 

 

Aktuell, Anfang April, ist das Meer noch sehr kalt, die Krabben sind in den tieferen Gewässern vor Sylt und Amrum. Nur wenige Schiffe haben genug Leistung, um in diese weit entfernten Fanggründe zu fahren. Die Tagesfischer bleiben im Hafen. Entsprechend weniger Nordseegarnelen landen in Büsum an – das Team in der Siebstelle kümmert sich um wichtige Reparaturen und Reinigungsarbeiten. Die Krabbenfischerei ist ein zyklisches Geschäft. Die Frühjahrssaison beginnt im März, erreicht ihren Höhepunkt im Mai und flacht dann langsam ab in die Sommerpause. Die Herbstsaison startet Ende August, Anfang September und dauert bis zum Dezember an. In den kalten Wintermonaten Januar und Februar ruhen die Fänge. Rund 55 Kutter fischen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und landen regelmäßig in den Häfen von Büsum, Dagebüll, Schlüttsiel, Nordstrand, Husum und am Eidersperrwerk an. In der Hochsaison steuern auch Holländer, Ostfriesen und Cuxhavener in den Büsumer Hafen, der die stärkste Auslastung hat, weil er gleichzeitig der Heimathafen vieler Krabbenfischer ist.

 

Entsprechend richten sich die Arbeitszeiten der Mitarbeiter in den Siebstellen nach diesen Zyklen. Heiko Jonas koordiniert den Einsatz der Mitarbeiter und der fünf LKW, ist ständig in Kontakt mit den Fischern, um Anlandezeiten und -mengen zu erfragen. Da die Krabbe ein extrem sensibles, leicht verderbliches Gut ist, muss schnell und so lange gearbeitet werden, bis der letzte Rest des Fanges abgeholt, gewogen und beurteilt wurde. In der Hochsaison erreichen bis zu 60 Tonnen Krabben die Siebstelle pro Tag, die Ware wurde bereits auf den Kuttern abgekocht und wird zur weiteren Verarbeitung leicht „ankonserviert“. Es gibt drei Frische- und drei Größeklassen. Die größeren Krabben werden entweder zu den Großhändlern nach Holland gefahren, die sich um die weitere Verarbeitung kümmern oder gehen in den so genannten „Frischeverkauf“, der in Belgien und Frankreich bevorzugt wird. Der Tagespreis richtet sich nach Größe und Menge. Alles unter 6,8 Millimetern ist nicht verwertbar, wird geschreddert und in Cuxhaven zu Fischmehl verarbeitet. Gerade mit Blick auf die untermaßigen Fänge sieht Jonas die Zertifizierung durch das Marine Stewardship Council (MSC) und die damit verbundenen Änderungen positiv: „Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Punkt, auch in der Garnelenfischerei. Obwohl die Krabbe nicht mit Dorsch oder Kabeljau vergleichbar ist, geben wir dem Nachwuchs viel bessere Chancen. Weder die Natur, noch die Fischer und auch nicht wir in der Siebstelle haben etwas davon, wenn zu viel kleine Garnelen ins Netz gehen.“

 

Das Team um Heiko Jonas ist die wichtige Schnittstelle zwischen Fischern und Händlern. Ein Team, das stimmt: „Wir sind schon seit mehreren Jahren zusammen und können uns aufeinander verlassen. Die Arbeit ist körperlich anstrengend, zeitintensiv und nie exakt planbar. Das schweißt zusammen. Bei uns ist es fast wie an Bord, nur dass keiner seekrank wird“, sagt Jonas. 

 

Durch den Zusammenschluss zur Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer und der Übernahme der Siebstellen konnten die Fischer sich von dem Preismonopol der Großhändler lösen und ihre Vermarktung in die eigenen Hände nehmen. Vorausgegangen war ein Streik der gesamten Nordseekrabbenflotte rund um Ostern 2011. Der kollektive Stillstand erhöhte den Druck auf die Händler. Nach vielen Verhandlungen und Intervention der Politik konnte die EzDK gegründet werden. Stabile und angemessene Preise sichern heute die Existenz der gesamten Branche.

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