Eine Pause, die keine ist – Fischerei im Winter
Seit drei Wochen ist er wieder draußen und fischt mit seinen zwei Matrosen René und Michael an der ostfriesischen Küste. Tom Caspers (34) hat die Winterpause hinter sich und die Saison vor sich. Was lag an im Winter? Und wie sieht der Tag eines Fischers eigentlich aus, wenn die kalte Jahreszeit ihn zum geregelten Leben an Land zwingt? Wir erreichen ihn mitten im Fang, an Bord seines Schiffes Gerda-Bianka (30).
Moin Herr Caspers! Vor vier Wochen waren Sie nach knapp drei Monaten das erste Mal wieder auf See. Haben Sie sich gefreut, oder trauern Sie den geregelten Zeiten an Land nach?
TC: Nein, man freut sich jedes Mal wieder, wenn man raus kann. Am Ende bekomme ich echtes Fernweh, das geht sicher allen Fischern so. Aber natürlich haben die festen Arbeitszeiten im Winter ihren Reiz. Wir fangen um 9 Uhr morgens an und sind um 16 Uhr zuhause. Auch daran muss man sich erst einmal gewöhnen, aber dann kann ich das schon genießen.
Was für Arbeiten fallen in diesen Monaten an?
TC: Im Dezember feiern wir mit der Familie erst mal Weihnachten und Neujahr. Da machen wir tatsächlich Pause. Danach wird aufgerüstet: neue Winden, Lager, Dichtungen, Düsen, Kochgeräte für die Krabben. Je nach Verschleiß, kommt alles mal dran. Was nicht ausgetauscht werden muss, wird gewartet, in erster Linie sind das die Maschinen. Ein neuer Anstrich ist jedes Jahr fällig.
Das hört sich teuer an...
TC: Ja, in diesem Jahr habe ich etwa 25.000 Euro investiert, die Winden mussten erneuert werden. 2011 brauchte die Gerda-Bianka einen neuen Motor, da waren 100.000 Euro fällig. Das geht dann nur über einen Kredit.
Gibt es Zuschüsse von der EU oder vom Land Niedersachsen?
TC: Ja, die gibt es von EU oder vom Land Niedersachsen, aber nur für die Geräte, die allein dem Krabbenfang oder der Verarbeitung dienen. In diesem Jahr waren es die Kochvorrichtungen. Bei mir waren aber – wie gesagt – leider die Winden fällig.
Ist jeder Krabbenkutter ein Fass ohne Boden?
TC: Nicht jeder, aber doch sehr viele. Kein junger, selbstständiger Fischer kann sich ein neues Schiff leisten, also kauft man ein gebrauchtes. Meins hat 30 Jahre auf dem Buckel und bei der Beanspruchung ist der Verschleiß hoch. Hinzu kommt, dass wir deutschen Krabbenfischer noch nie ein Erneuerungsprogramm für unsere Flotten hatten. Also steht neben der Instandhaltung immer irgendeine Investition an. Oft gibt es auch keine Originalteile mehr, also müssen sie angefertigt werden. Das macht es in der Regel nicht günstiger.
Woran liegt es, dass so eine grundlegende Förderung ausbleibt?
TC: Wir sind einfach nicht groß genug, haben keine ausreichende Lobby. In Deutschland sind wir schätzungsweise 200-250 Kutter stark, das entspricht etwa 400 Arbeitsplätzen...aber natürlich arbeiten wir an unserer Positionierung und geben die Hoffnung nicht auf.
Zurück zu den Arbeiten am Schiff: Stemmen Sie die allein oder sind Ihre Matrosen an Bord?
TC: Die sind dabei, aber nur in der Saison kann ich sie fest anstellen. Im Winter sind sie als „geringfügig beschäftigt“ angemeldet und arbeiten einige Stunden auf 450 Euro-Basis.
Was ist mit Urlaub? Fahren Sie im Winter weg?
TC: Die meisten Kollegen fliegen im Winter für 1-2 Wochen in die Sonne. Wir fahren aber immer im Sommer in die Berge, an den Wörthersee. Mein Vater springt dann für mich ein, der ist zwar schon in Rente, aber mit seinen 66 Jahren noch fit und er freut sich drauf.
Tom Caspers kommt aus Westeraccumersiel, hier ist auch der Heimathafen seines Schiffes Gerda-Bianka. Mit 15 Jahren ging er bei seinem Vater in die Lehre. Schon als Kind durfte er in den Schulferien mitfahren. In Accumersiel liegen neun Kutter.