Messen, wiegen, zählen – neue Netze im Fokus
Seit Mai sind die deutschen, die dänischen und die niederländischen Krabbenkutter mit neuen Netzen ausgerüstet. Ziel: Mit größeren Maschenweiten soll weniger Beifang ins Netz gehen – darunter Jungfische wie Schollen, Seezungen oder auch Wittlinge und kleine Krabben, die häufig nicht verwertet werden können. Wie sich die Fänge bei den neuen 22 Millimeter großen Netzmaschen entwickeln, untersucht das Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaft der Universität Hamburg.
Eine erste Bilanz kann Dr. Claudia Günther voraussichtlich Ende des Jahres präsentieren. Bis dahin heißt es für die Biologin und ihre Kollegen: messen, wiegen, zählen. Seit der letzten September-Woche liefern die Krabbenfischer Proben ihrer Fänge ins Labor. Claudia Günther analysiert, ob sich die Thesen aus dem Projekt „CRANNET“ in der Realität bestätigen lassen. An der Finanzierung von CRANNET haben sich die Fischer, der Europäische Fischereifonds sowie die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen beteiligt, die aktuelle Überprüfung zahlt die Fischerei allein. Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Seefischerei und der Universität Hamburg waren auf der Spur nach dem perfekten Netz. So soll bei größeren Maschenweiten die Zahl der kleinen Krabben im Netz zurückgehen. Die Fänge fallen zunächst geringer aus, bis die geschonten Garnelen größer geworden sind. Dann können die Fischer mehr große Garnelen anlanden.
Nicht allein die Netze haben aber Einfluss darauf, wie viele Krabben welcher Größe im Netz landen. Claudia Günther operiert mit verschiedenen Unbekannten. „Den größten Einfluss haben sicher die Räuber. Wenn Wittling und Kabeljau reichlich wachsen, können die Fänge der Fischer geringer ausfallen, weil die Fische den Krabbenbestand dezimieren.“
Aber auch Umweltfaktoren wie besonders strenge Winter oder das Nahrungsangebot für die Garnelen haben Auswirkungen. Die verschiedenen Einflüsse müssen bei der wissenschaftlichen Begleitung berücksichtigt werden. Claudia Günther vergleicht deshalb zum Beispiel die Fänge der neuen Netze mit denen der alten, engeren Steerte. Und auch lokale Unterschiede können auftreten. Deshalb ist geplant, dass Fischer aus allen drei beteiligten Ländern (Deutschland, Dänemark, Niederlande) mitarbeiten und Proben nehmen.
Wie aufwändig die Untersuchungsreihen sind, verdeutlicht das Projekt CRANNET. Hier wurden ganze 500.000 Krabben mit einem Bildbearbeitungsprogramm vermessen, um die ideale Form und Größe der Masche zu identifizieren. Bei der Umsetzung der Projektergebnisse ist die aktuelle Größe von 22 Millimetern nur ein erster Zwischenschritt. Wenn sich die Fänge positiv entwickeln, sollen die Maschen bis 2020 auf 26 Millimeter vergrößert werden. Netze mit 26 Millimeter großen Maschen wurden in CRANNET als ideale Größe ausgemacht. Damit ließen sich nach Berechnungen der Wissenschaftler ökonomisch und ökologisch die besten Ergebnisse erzielen und es gingen deutlich weniger kleine Krabben ins Netz. Die Anpassung auf die angepeilte Größe erfolgt schrittweise, um die Theorie behutsam in der Praxis testen zu können.
Die Optimierung der Netze ist übrigens nur ein Baustein auf dem Weg zu mehr Umweltverträglichkeit und Naturschutz. Die Krabbenfischer aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden lassen sich vom Marine Stewardship Council prüfen. Die internationale, gemeinnützige Organisation zertifiziert Fisch aus nachhaltiger Fischerei mit dem bekannten blauen Qualitätssiegel. Zu den weiteren Maßnahmen im Prüfverfahren zählt unter anderem die Überwachung des Bestands an Nordsee-Garnelen.