Umweltminister Dr. Robert Habeck im Interview.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sieht eine Initiative zur „nationalparkverträglichen Ausgestaltung“ der Krabbenfischerei vor. Dem Nationalparkgesetz zufolge ist die Krabbenfischerei bisher mit den Schutzzielen vereinbar. Ende vergangenen Jahres wurden die Krabbenfischer sogar mit dem MSC-Siegel für ihre Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Wie kommt es nun zu dieser Initiative?
Die Krabbenfischerei ist eine traditionelle Nutzung und gehört für alle, auch für mich persönlich, zur Identität der schleswig-holsteinischen Westküste dazu. Genauso wie der Nationalpark Wattenmeer, der als hochwertiges Schutzgebiet und Teil des Weltnaturerbes Wattenmeer von herausragender Bedeutung für den Natur- und Meeresschutz ist.
Zur Auszeichnung mit dem MSC-Siegel beglückwünsche ich die Krabbenfischer aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Ich freue mich, dass damit sowohl die Vermarktung ökonomisch gestützt wird, als auch über die eingegangenen Selbstverpflichtungen die Fischerei naturverträglicher wird, zum Beispiel hinsichtlich der Beifangvermeidung durch größere Maschen oder der Verwendung von Siebnetzen. Leider – und das habe ich letzten Herbst beim Jubiläum zu 20 Jahren MSC deutlich gemacht – berücksichtigt der MSC-Standard bisher nicht die besonderen Anforderungen von Schutzgebieten.
Die Krabbenfischerei findet überwiegend innerhalb des Nationalparks Wattenmeer statt. Dies führt zu Zielkonflikten. Meine Erfahrung ist es, dass Konflikte am besten im Dialog gelöst werden. Und genau dies sieht der Koalitionsvertrag vor: Im Dialog mit den Krabbenfischern und den Naturschutzverbänden eine Initiative zu starten, die Krabbenfischerei noch enger mit den Nationalparkzielen abzustimmen und die berufliche Ausübung der Krabbenfischerei nachhaltig zu sichern. Hierzu können nutzungsfreie Zonen ebenso gehören wie die Förderung einer naturverträglichen Fangtechnik und einer Regionalverarbeitung und –vermarktung. Dieser Dialog zwischen Fischern, Naturschutzverbänden und Vertretern der Westküste entspricht auch einem Auftrag der beiden Nationalpark-Kuratorien Nordfriesland und Dithmarschen.
In Schleswig-Holstein haben wir deshalb den Krabbenfischereibeirat begründet. Mitglieder sind Vertreter der Krabbenfischerei, des Naturschutzes, der Fischereiwissenschaft und der Region. Gemeinsam werden Ideen und Projekte zur ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Ausgestaltung der Krabbenfischerei im Nationalpark Wattenmeer entwickelt. Um dies finanziell unterstützen zu können, stehen bis 2021 Mittel in Höhe von drei Millionen Euro aus Sedimentmanagementmitteln zur Verfügung. Ich freue mich, dass die Fischer diesen Dialog aktiv mitgestalten und bin mir sicher, dass gemeinsam gute Projekte entwickelt werden.
Müssen die Krabbenfischer mit einem Verlust von Fangplätzen rechnen? Und wie soll ein möglicher Verlust von Fangplätzen kompensiert werden?
Seitens der Landesregierung ist keine Durchsetzung von weiteren Nullnutzungsgebieten im Nationalpark über gesetzliche Regelungen geplant. Insofern steht die Frage einer Kompensation bei einem Verlust von Fangplätzen derzeit nicht an. Ziel ist es vielmehr, gemeinsam zu prüfen, ob es einen Weg gibt, in dem sowohl Nationalpark- und Naturschutzziele als auch die Rahmenbedingungen für eine zukunftssichere, ökologisch verträgliche Krabbenfischerei als traditionelle Nutzung im Wattenmeer gesichert werden können.
Im Koalitionsvertrag ist außerdem vereinbart, dass Sie die Regionalverarbeitung und -vermarktung fördern wollen. Was planen Sie hier konkret?
Neben der Bereitstellung von europäischen und nationalen Fördermitteln aus dem „Landesprogramm Fischerei und Aquakultur“ für die Verarbeitung und Vermarktung von regional gefangenem oder erzeugtem Fisch hat das Land Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr eine Initiative zur Schärfung des Images der heimischen Fischerei gestartet. Als erster Schritt dieser Imagekampagne befindet sich aktuell eine einheitliche Dachmarke für die schleswig-holsteinische Berufs- und Angelfischerei sowie Aquakultur in der Entwicklung, fachkundig begleitet von einem Markenbeirat, in dem alle Sparten der Fischerei im Lande sowie die sogenannte Fischwirtschaftsgebiete als regionale Interessenvertreter mitarbeiten. Im Anschluss an die Fertigstellung dieser Marke werden verschiedene Veröffentlichungen und Medienkampagnen sowie Aktionen die Vielfalt des Fischereisektors in Schleswig-Holstein darstellen und die regionale Erzeugung in den Mittelpunkt stellen. Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein koordiniert dieses Vorhaben.