Beginn der Bauarbeiten für die neunte Elbvertiefung
Alle Proteste von Umweltschützern, Fischern und Obstbauern haben nichts genützt: Die Bauarbeiten für die neunte Elbvertiefung haben begonnen. Für die Krabbenfischer gehen weitere Fanggebiete verloren, darunter die wichtige Medemrinne gegenüber von Otterndorf.
Nach 17 Jahren Planungen und Verhandlungen schaffen nun die Bagger Tatsachen für die neunte Elbvertiefung. Gestartet sind die Arbeiten vor Brokdorf und Otterndorf, in der sogenannten Medemrinne. Dort entstehen unter Wasser Ablagerungsflächen, in die später ausgebaggerter Sand und Schlick aus der Elbe gekippt werden. Der Verlust der Medemrinne ist für die Fischer besonders bitter. „Dieses Gebiet liegt sehr geschützt, es ist auch bei schlechtem Wetter ein guter Fangplatz. Es trifft vor allem die Kollegen mit kleinen Holzkuttern, denn die können nicht draußen auf der Nordsee fischen. Das ist einfach zu gefährlich“, erklärt Krabbenfischer Torben Hinners.
Von Cuxhaven aus gehen noch etwa 12 Krabbenkutter auf Fangfahrt – darunter Torben Hinners. Er ist 43 Jahre alt und Krabbenfischer in dritter Generation. Im vergangenen Jahr hat er in einen neuen Kutter investiert. Ein Grund: die Elbvertiefung. Mit dem Stahlkutter vergrößert er seinen Radius und kann auf Fanggebiete in den Weiten der Nordsee ausweichen. Für kleine Holzkutter wird die Strömungsgeschwindigkeit auf der Elbe zu hoch: Verhaken sich die Netze an einem Hindernis, können die leichten Schiffe schnell kentern. Und die anderen Fischer? Nicht jeder Familienbetrieb kann sich einen neuen Kutter leisten. Für den Verlust der Fangplätze durch die Elbvertiefung bekommen die Fischer keinerlei Entschädigung. Sie forderten ein Programm zur Neubau-Förderung, um sich auf die veränderten Bedingungen einstellen zu können. Bisher allerdings vergeblich.
Für Torben Hinners ist klar: Die Zahl der Fischer wird sinken und die Verteilungskämpfe um küstennahe Fangplätze werden zunehmen. Und zwar auch, wenn die Elbvertiefung voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2021 abgeschlossen ist. Denn ob die Fischer ihre alten Fanggebiete zurückbekommen, ist unklar. „Die Elbe und die Nordsee sind dynamische Systeme. Wir wissen einfach nicht, wie sich die Baggerei und die Verklappung auf das Ökosystem auswirken. Wir erleben täglich, wie sich Gebiete verändern – und zwar rein natürlich ohne Zutun des Menschen.“ Wo setzen sich künftig Sedimente ab? Wohin weichen die Krabben aus, wenn durch die Baggerungen sauerstoffarme Zonen entstehen? Trotz der unsicheren Zukunft bewahrt Torben Hinners die Ruhe. Schließlich gehört das Handwerk zu den ältesten Kulturtechniken der Fischerei an der Nordsee. Irgendwie wird es schon weitergehen – hofft er. Und Cuxhaven ohne Krabbenfischer will er sich auch gar nicht vorstellen.